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Die manipulative Datenkrake

Daten sind die Basis des Geschäftsmodells

Vor einem Jahr ging es schon einmal durch die Presse, aktuell sorgt es für großen Wirbel: das unheimliche Dreieck zwischen dem umtriebigen Trump-Wahlkampf, der anscheinend skrupellosen Einrichtung Cambridge Analytica und der Datenkrake Facebook.

Facebook sammelt die Daten seiner Nutzer, um aus deren Vorlieben perfekt zugeschnittene Werbeangebote für Unternehmen anzubieten. Das ist das Geschäftsmodell von Facebook. Auf diese Weise macht das Unternehmen rund 10 Mrd. $ Umsatz. Und genauso wie ein Unternehmen Kunden für sein Produkt begeistern möchte, hat auch die Politik erkannt, dass sich mit Facebook Wähler erreichen und überzeugen lassen. Ob dazu erst jetzt Daten angezapft und ausgelesen wurden oder ob das nicht generell seit Jahren so gehandelt wird, sei einmal dahingestellt.

Move People to Action
So präsentiert sich Cambridge Analytica in Google:

 

 

 

Bereits im Frühjahr 2017 habe ich in meinem Buch „Scale up!“ auf fünf Seiten die fragwürdigen Praktiken von Cambridge Analytica vorgestellt. Denn das Unternehmen war seit 2012 schon an 44 US-Wahlen beteiligt. Trumps Team baute die Kompetenzen des Unternehmens in den Wahlkampf ein, anfangs nur in geringem Maß, mit zunehmenden Erfolg immer stärker und perfekter.

KI-Marketing ist der Schlüssel
Facebook zählt zu den Pionieren der Künstlichen Intelligenz (KI) im Marketing. Neue Marketinginstrumente, die sich auf die Künstliche Intelligenz stützen, nutzen die umfangreichen Daten, die Facebook  gesammelt hat, um Verhaltensprofile von Personengruppen zu erstellen. Diese Personen werden dann einzeln oder in der Gruppe gezielt umworben.

Wie das in der Praxis funktioniert? Wer die Vorlieben der potenziellen Wähler kennt, weiß, wie er sie konkret ansprechen muss, um sie zu überzeugen: im US-Wahlkampf beispielsweise, bei welchen Personen man eine Waffe im Kontext von Sport und Spaß (­„man wird ja wohl noch seinen Spaß haben dürfen“) und bei welchen im Sinne von Notwehr und Sicherheit („man wird ja wohl noch sein Eigentum verteidigen dürfen“) ansiedeln sollte.

Ein Möbelhändler etwa, der diese Verhaltensprofile kauft und für Werbezwecke einsetzt,  rühmt das eine Mal seine exakte Schrank-Aufbauanleitung, das andere Mal den einfachen Schrankaufbau und schon hat er die Brücke zu zwei Zielgruppen geschlagen: den fakten-orientierten und den effizienz-orientierten Nutzern. – So einfach geht das heute über Facebook. 

Marketing funktioniert heute 1 zu 1
Dank der Analyse der Vorlieben seiner Kunden weiß ein Verkäufer, wie er argumentieren muss. Der Harvard Business Manager berichtet im Novemberheft 2017 von einem Harley-Davidson-Händler, der durch KI-Marketing seine Umsätze in kurzer Zeit verdreifachen konnte.

Die Brille von Google liefert über die Gesichtserkennung die Verhaltensvorlieben des Gegenübers in Sekundenbruchteilen. Auf diese Weise hat der Brillenträger im Verkaufsgespräch schnell die passenden Argumente zur Hand. Die bereits existierende Stimmerkennungssoftware liefert übrigens die gleichen Hinweise, so dass die Mitarbeiter von Callcentern auch ohne Gesichtserkennung und soziale Netzwerkprofile ihre Argumentation besser auf den Kunden abstimmen können.

Cambridge Analytica war von seinem Vorgehen her also absolut auf der Höhe der Zeit, als es Trumps Wahlkampfteam mit den exakten Adressen potenziell interessierter Wähler versorgte und gleich die passenden Argumentationen mitlieferte. Für den südamerikanischen Einwanderer genauso wie für den unentschlossenen, seit Generationen in Florida wohnenden Tankstellenbesitzer.

Die Denkfalle
Wir als Konsumenten müssen aufpassen, dass wir hier nicht mit zweierlei Maß messen: Samsung rühmt sich, dass das Smartphone der Zukunft unser Verhalten und unsere Vorlieben besser kennen wird als wir selbst. Wenn wir beispielsweise an einem Kinoplakat vorbeigehen und ein Foto knipsen, sagt uns das Smartphone, dass uns der Film ausgesprochen gut gefallen wird und in der Spätvorstellung noch Plätze frei sind. Dann fragt es, ob und wie viele davon gleich jetzt reserviert werden sollen. – Augenscheinlich haben wir hier kein Problem, wenn unser Konsum entsprechend geleitet wird. Aber bei der politischen Wahlentscheidung schon? Wir können weder den Zug stoppen noch scharf trennen, was gut und schlecht ist, oder wo wir weniger oder mehr manipuliert werden.

Denn Google, Apple-Health, Alexa, Fitnesstracker, Abnehm-Apps, Pkws und vieles andere mehr: wir machen keinen Schritt mehr auf dieser Welt, ohne einen digitalen Fingerabdruck zu hinterlassen. Und im Moment sind es tatsächlich nur die Schritte, in Kürze sind es auch Atemzüge und Herztöne! 

Wer lässt das Smartphone freiwillig in der Schublade?
Dass es  bei der Datenbeschaffung nicht immer ganz korrekt zugeht, macht die Sache nicht besser, aber es ist nur ein Detail am Rande. – Der große Zug ist längst abgefahren und das ist das eigentliche Problem. Das bekommen wir durch Gesetze und Verordnungen wie den strengeren Datenschutz, der uns ab Mai auferlegt wird, nicht in Griff. Hier muss jeder seinen eigenen Weg finden und einerseits entscheiden, wie freigiebig er seine Informationen verteilt, und andererseits durch bewusste Reflektion hinterfragen, wie stark er gerade mal wieder manipuliert wird.

Über den Autor:
Christian Kalkbrenner, Dipl.-Kfm. (univ.), ist Strategieberater aus Überzeugung. Für seine Kunden entwirft und überprüft er seit Jahren Unternehmensstrategien, um Umsätze und Gewinne zu vervielfachen und den Unternehmenswert zu steigern. Als kreativer Kopfhat er ein eigenes Strategieverfahren entwickelt, den Bambus-Code®, für den er mit dem „Großen Preis des Mittelstandes“ ausgezeichnet wurde. Mit sieben Fachbüchern, vielen Fachartikeln und Vorträgen zählt er zu den Kompetenzführern seines Faches.

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